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HP 8970A Noise Figure Meter
Der HP 8970A/B ist sozusagen der Klassiker unter den Rauschzahlmessern (Gemeinsam mit dem Eaton 2075). Umso mehr freute es mich, dass ich so ein Gerät inklusive
Rauschquelle zu einem sehr gü;nstigen Preis in die Finger bekam, wenn auch offiziell als defekt.
Das Verkäufer teilte mir mit, dass der Analyzer beim Kalibrieren seiner ZF Abschwächer einen Fehler anzeigt, der auf einen defekten Speicher für die Kalibrierdaten
deutet. Als ich mir den Datenverkehr am Bus anschaute, kam ich zu dem Schluss, dass der Speicher einwandfrei arbeitete. Und ab diesem Zeitpunkt, ging der Trugschluss los....
Die beiliegende ENR (Excess Noise Ratio) Tabelle (vom vorigen Eigentümer abgefasst) ließ auf einen nominalen ENR der Quelle von 5dBENR schließen. Wie falsch ich damit lag, wird
sich nachher noch zeigen! Ich habe also mit der "nackten" Rauschquelle keine Kalibrierung geschafft, es kam immer die gleiche Fehlermeldung. Dann las ich mal im Handbuch der
HP 346A/B/C Rauschquellen, dass die 346A, die ebenfalls 5dBENR hat, zu schwach ist, um die Abschwächer zu kalibrieren. Ich selber habe eine MSC 65230 Rauschquelle, die leider
keine Kalibrierwerte am Gehäuse hat, so wie die von HP. Also flugs einen Verstärker mit einem MMIC zusammengebaut und dazwischengeschaltet. Siehe da, die Kalibrierung ist
erfolgreich! Sache erledigt. Dachte ich mir.
Danach stand der Analyzer mal längere Zeit rum, einfach weil kein LNA zu messen war. Vor kurzem war dann allerdings Bedarf nach so einer Messung da und ich hab den Kasten
eingeschaltet, durchkalibriert (beim normalen Messen handelt es sich da um eine andere Kalibrierung, bei der das DUT einfach überbrückt wird. Dadurch werden Kabeldämpfungen usw.
herausgerechnet).
Verstärker angeschlossen und 14.5dB Gain gemessen. So weit ok, wären da nicht die -11.6dB Rauschzahl gewesen. In solchen Fällen hat mein Elektrotechnik-Lehrer immer gesagt: "Schnell
zum Patentamt, meine Herren!". Ein Funkerkollege hat auch sofort interesse bekundet an meinem LNA ;-)
Bei so einem Messwert muss irgendwo ganz und gar was daneben gegangen sein, und zwar im Messgerät. Also erstmal aufgemacht und nachgedacht. Bei meinen darauf folgenden
Nachforschungen habe ich einen Bericht entdeckt, in dem ebenfalls eine MSC 65230 vorkam. Nur hat die laut diesem Bericht 25dBENR. Dadurch wurden mir nach nochmaligem Ansehen
der ENR Tabelle zwei Sachen klar. Erstens: Auf der Tabelle fand sich ein Vermerk "mit 20dB Abschwächer". Womit sich aus 25dBENR - 20dB = 5dBENR ergeben würden, was eben auch der
Tabelle entspricht.
Zweitens: Wenn schon die in wirklichkeit 25dBENR der nackten Quelle nicht ausgereicht haben und da sogar noch ein zusätzlicher Verstärker notwendig war, dann
muss irgendwo so einiges von der HF auf der Strecke bleiben, denn 25dBENR alleine wären an sich für den 8970A schon zu viel!
Was tut man in so einem Fall? Natürlich erstmal die Versorgungsspannungen prüfen. Da war alles ok. Der nächste Schritt war dann, die HF von vorne bis hinten durchs Gerät zu verfolgen.
Also erstmal die Baugruppe A6 (Eingangsteil) laut Handbuch prüfen. So weit alles in Ordnung, nur der Leistungsdetektor wurde etwas nachjustiert.
Danach kamen der erste Mixer dran und der YIG Oszillator. Ebenfalls so weit ok. Nebenbei habe ich noch im Handbuch einen Tippfehler entdeckt, denn +7dB am AUSGANG des Mixers können
nicht sein, auch nicht wenn er in Sättigung geht. Zumal mein gemessener Wert ausgerechnet -7dBm war... Sieht für mich einfach zu sehr nach Tippfehler aus.
Zweiter Converter gemessen, passt ebenfalls. Dieser liefert eine ZF von 300MHz. Also führte mich mein Weg nun weiter in die Baugruppen A3, A4 und A8.
A4, der 300MHz Bandpass und Verstärker sah gut aus. Der dritte Mixer und sein LO mit 280MHz ebenfalls. Nun kam A3 an die Reihe. Dabei schaute ich mir das 20MHz ZF Signal (welches ja
vom dritten Mixer erzeugt wird) an der BNC Buchse hinten mit dem Spektrumanalyzer an. Beziehungsweise hätte ich es mir angeschaut, aber es war nichts zu sehen.
Also war der Fehler allem Anschein nach in A3. Das ZF Signal muss zwar auch noch durch A8 durch, aber da schien alles zu passen.
Als erstes "pfotelte" ich mal alle Halbleiter in A3 ab (so nennt oben erwähnter Funkerkollege diesen Vorgang ;-) ) und bemerkte, dass Q4 extrem heiss war. Viel zu heiss für einen Halbleiter
im Normalbetrieb! Nach etwas rummessen stellte ich fest, dass am Kollektor von A3 eine negative Spannung von mehreren Volt anlag! Während das Handbuch auf 4.2 bis 4.4V verweist. Zwischen
den Emitter und Basisbeinchen waren >1.6V zu messen. Wenn ein Bipolartransistor mehr als seine 0.7V Ube hat, ist er definitiv kaputt. Eine seltsame sache war angesichts dessen aber, dass
sporadisch doch ein sauberes ZF Signal zu messen war! Dann wurde auch der Q4 nur handwarm und die Spannungen stimmten. Folglich kann der Transistor nicht komplett kaputt sein. Vielmehr
muss es sich dabei um einen Kontaktfehler der Basis gehandelt haben oder etwas ähnliches. Beim betroffenen Schaltungsteil handelt es sich um einen temperaturkompensierten
20dB Verstärker für die 20MHz ZF.
Für das Schaltbild des betreffenden Bereiches sei auf das Service-Manual verwiesen.
Da es sich dabei nur um 20MHz handelt, habe ich probehalber den nächstbesten PNP Transistor eingelötet. Einen PMBT4403 im SOT-23 gehäuse. Und siehe da, mit dem lief der Kasten dann
reproduzierbar so wie er soll. Alle Kalibrierungen klappten auf Anhieb und der gemessene Verstärker hatte auf einmal 3.6dB Rauschzahl. Dann habe ich probeweise nochmal die Basis des
neuen Transistors abgeklemmt und damit ließ sich der Fehler, wie zu erwarten, gezielt ein- und ausschalten. Somit ist die Reparatur vorerst abgeschlossen. Ich werde natürlich zusehen,
dass ich einen möglichst passenden Transistor bekomme. Wer weiss, ob der verwendete PMBT4403 irgendwelche anderen Eigenschaften haben, die dann die Spec des Gerätes beeinträchtigen.
Ausserdem muss ich die Rauschquelle gegen ein Referenzgerät messen, da dummerweise die Seriennummer der Tabelle nicht mit der Nummer der Quelle übereinstimmt... Glücklicherweise gibt es
hier in der Nähe jemanden, der auch so ein Teil hat.
Einen kurzen "ach du sch...." Moment gab es natürlich beim ersten Test nach dem Zusammenbauen. Ich führte die Kalibrierung durch und sah schon, dass die Werte
viel zu Wild herumzappelten. Was der HP dan auch gleich mit einem "E 27" quittierte. Nach ein paar äußerst unprofessionellen Flüchen war ich bereits wieder beim Aufschrauben
der Kiste, als ich bemerkte, dass lediglich das SMA Kabel zur Rauschquelle locker war. Das fällt einem natürlich erst dann auf, wenn bis auf 2 Schrauben bereits alle aus dem Schirmdeckel
herausgedreht sind ;-)
Hier noch einige Fotos vom Innenleben:
Obere Gehäuseabdeckung entfernt, großer Schirmdeckel noch drauf, aber bereits ohne Schrauben. Der rechte Schirmdeckel ist ebenfalls bereits abmontiert
Die inneren Schirmdeckel, mit Kontaktfedern fixiert
Eingangsteil A6, mit schaltbaren Abschwächern, +20dB Verstärker und Leistungsdetektor
Dämpfungsglied und Relais von A6. Zu beachten ist der Drahtbügel über den Widerstand. Vermutlich, um parasitäre Effekte zu kompensieren. bei 1.5GHz ist diese große Widerstandsbauform schon als "sportlich" zu bezeichnen.
Der schaltbare +20dB Verstärker von A6
300MHz Bandpass. Die Koppelkapazitäten wurden einfach durch Kupferstrukturen realisiert.
Unterer Teil der A3 Baugruppe. Steckbarer Koppelkondensator. Kann einfach auf die SMB Buchse umgesteckt werden zu Testzwecken. An servicefreundlichkeit fast nicht zu überbieten.
20MHz ZF Baugruppe A3. Rechts unten ist der Mischer-Teil von A4 zu sehen. Das silberne Teil U1 ist der Mixer.
Bereich des Fehlers auf A3. Q3 wurde auf diesem Bild bereits durch den anderen Typen ersetzt. Q4 ist der mit dem kleinen grünen Farbpunkt am Gehäuse, links unterhalb von Q3.
Rauschleistungsdetektor A8
YIG, Converter 1 und 2 und Zirkulator. Erste ZF: 2050MHz, zweite ZF: 300MHz
Digital und Analogboard A13 und A14 herausgeklappt (Unterseite)
ZF Spektrum im "gut" Fall
ZF Spektrum im "schlecht" Fall
Nachtrag: Untersuchung des defekten Transistors
Das mit dem Transistor wollte ich nun aber genauer wissen. Also hab ich ihn mit einer sehr feinen Säge geöffnet und unter dem Mikroskop untersucht. Wie erwartet, der Bonddraht hatte sich
von der Basis gelöst. Warum er auf einmal doch so weit weg war vom Chip, kann nur vermutet werden. Eventuell ist er beim Aufsägen von einem Span etwas zur seite gedrückt worden, aber
der Bruch an sich war definitiv vorher da und hat das Fehlverhalten verursacht.
Leider kein Bild durchs Mikroskop, sondern "nur" eine gecroppte Makroaufnahme. Ich verfüge momentan leider über keinen Adapter zum Fotografieren für das Mikroskop. Der Sachverhalt
lässt sich jedoch auch hier erkennen.
(C) 2016 Ing. Christoph Baumann, OE2BCL
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