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Tektronix 7603 Oszilloskop





Die 7000er Serie von Tektronix gehört meiner Meinung nach zu den genialsten Geräten die je gebaut worden sind. Die Flexibilität des Einschubsystems ist unschlagbar.
Dieses spezielle Exemplar hier hat einen Ehrenplatz im Labor. Es war mein erstes Messgerät vom "Großwildkaliber". Damals, ich glaube es war so um 2008 oder 2009 rum, wurde es an meiner Schule ausgemustert. Es stand am Gang herum, ein Deckel war geöffnet und ich dachte mir schon, irgend ein Depp hat sich daran vergriffen. Drin war ein 7D01 Logikanalyzereinschub. Nach kurzer Nachfrage konnte ich es dann mitnehmen. Der Mainframe funktionierte, aber der Analyzer hatte nen Fehler. War mir aber egal, da ich die Logik Tastköpfe sowieso nicht hatte. Also hab ich dann bei einem Händler einen Vertikalverstärker 7A18 gekauft. Einige Zeit später hatte der dann noch eine 7B53A Zeitbasis und somit konnte ich den Mainframe dann als Oszilloskop verwenden. Ab dem Zeitpunkt hatte es seinen festen Platz im Labor und war mir unter anderem bei meinem Maturaprojekt (für die Deutschen Leser: Matura ist in Österreich so wie das Abitur bei Euch) eine große Hilfe.

Maturaprojekt: Eine 2-Achsen Steuerung für astronomische Teleskope. Schon wieder einige Jahre her, mein Arbeitstisch noch bei meinen Eltern daheim




Seit damals hat sich Viel verändert, aber das 7603 ist immer noch dabei. Gebaut wurde es 1978, den Datecodes auf den Elkos nach. Und damit kommen wir schon zum ersten Teil des Berichts. Die Ami-Elkos sind sehr gut, keine Frage. Aber fest steht, dass sie früher oder später zu einem Problem werden. Da ich, sofern es sich machen lässt, die Wartung einer Reparatur vorziehe, habe ich mich entschlossen, die Elkos im Netzteil nach fast 40 Jahren zu tauschen.

Verbaut sind folgende Kondensatoren:

2x 1800uF
1x 18000uF
1x 250uF
1x 14000uF
2x 9600uF


Ich habe von EPCOS welche rausgesucht, die etwas mehr Kapazität und höhere Spannung haben. Die meisten verbauten Elkos sind mit -10/+75% Toleranz spezifiziert, während die heutigen üblicherweise 20% haben. Daher sollte man darauf achten, dass man nicht die Minimalkapazität unterschreitet mit den neuen Elkos.
Als die Elkos geliefert wurden, konnte die Arbeit beginnen. Als erstes wurde natürlich mal die Netzteilchassis aus dem Mainframe entfernt. Das ist garnicht mal so einfach, es gibt einige Kabel abzustecken und man muss aufpassen, dass man nicht andere Leitungen gleich mit abzieht wenn sich wo was verheddert. Die 7000er sind oft sehr verwinkelt gebaut und es ertönten mehrfach Flüche und Schimpftiraden hier in der Werkstatt.


Das Netzteil mit den alten Elkos. Schrauben bereits gelöst





Danach konnte das Netzteil aus dem Mainframe herausgezogen werden. Dabei muss ebenfalls sehr Vorsichtig vorgegangen werden, damit man nicht irgendwo hängen bleibt. Die fast 40 Jahre alten Kabel sind inzwischen sehr störrisch und behalten ihre Form bei. Vermutlich weil der Weichmacher schon aus der Isolierung raus ist. Sollte da mal was brüchig werden, hätte ich keinerlei Skrupel die Kabelbäume neu anzufertigen. Die 7000er sind derartig tolle Geräte, die wären es mir wert.


Netzteil herausgezogen





Die 230V Leitung die zum Netzschalter geht, musste dort ebenfalls abgeklemmt werden. Weiters sind auch noch diverse Erdungsleitungen zu lösen.

Netzteil vollständig vom Mainframe getrennt





Als das Netzteil dann allein auf dem Tisch stand, musste es nun weiter zerlegt werden.

Rückwand abgeschraubt. Rechts unten ist der Übertemperaturschutz zu sehen




Zerlegt




Das Blechgehäuse wurde dann gleich gewaschen, der Rest wurde trocken gereinigt. Danach kam die Arbeit, die ich von Anfang an scheute. Das Auslöten der Elkos. Man sieht schon an den Bildern, dass das mit den klassischen Methoden wohl nichts wird. Ralf Ohmberger hat die Elkos kurzerhand abgesägt. Eine Säge wäre in Griffnähe gewesen, aber ich wollte das Anders machen. Und zwar mit Heissluft. Um die anderen Teile der Platine zu schützen, bog ich mir aus Alublech so eine Art Kamin, um den Luftstrom abzulenken.

Alublech




Das funktionierte hervorragend, lediglich der Schutzlack der Platine warf Blasen. Offenbar weil es das geschmolzene Zinn unten reinzieht. Sieht nicht gerade schön aus, ist aber rein technisch gesehen absolut kein Problem (dem Kupfer darunter fehlt ja nichts) und wesentlich besser als ein plötzlicher Schaden durch kaputte Elkos, wenn man die alten drin lässt.

Teilweis entlötete Elkos




Nach einiger Zeit waren dann alle Elkos draussen. Die Ausbeute sieht man im nächsten Bild:

Alte Elkos




Die Elkos haben vier Anschlüsse die mit dem Becher verbunden sind, also Minus, und einen der auf Plus hängt. Da der Layouter stellenweise den Becher als Brücke mitbenutzt hat, müssen diese Verbindungen dann auch wieder hergestellt werden. Ich habe mir dazu eine einfache Konstruktion aus 1.5mm2 Installationsdraht ausgedacht.

Drahtbrücken






Komplette Unterkonstruktion eines Elkos




Da die Elkos nach unten hängen, ist eine Biegebeanspruchung auch kein Thema. Würden die Elkos quer hängen, hätte ich mir natürlich eine andere Konstruktion ausgedacht. Für sechs Elkos wurde diese Konstruktion verwendet. Nicht überall wären die Brücken elektrisch notwendig gewesen, aber ich hab einfach alle gleich gemacht, alleine schon wegen der mechanischen Stabilität. Nur der 250uF Elko hatte einen etwas anderen Footprint.


2200uF Elkos. Die ganze Platine wurde mit dem Trafo auf eine Unterlage gestellt




Nun konnte der Mainframe wieder zusammengebaut werden. Der erste Testlauf erfolgte natürlich ohne Einschübe und am Regeltrenntrafo. Aber wie zu erwarten war, funktionierte alles wie es soll.

Funktionstest




Nachrüsten der Readoutplatine


Da es sich bei diesem Exemplar wie erwähnt um die unbeliebte Option 1 handelt, wurde es ohne Readout gebaut. Normalerweise sind Optionen eine wünschenswerte Sache, aber diese hier ist eine Ausnahme. Zufälligerweise suchte ich aus einer Laune heraus im Netz nach einer passenden Platine und hab doch tatsächlich eine gefunden. Der Spaß kostete inkl. Versand gerade mal 90 Euro. Natürlich handelte es sich dabei nur um die Platine, die ganzen Kabel waren nicht dabei. Also mussten diese angefertigt werden. Ich kaufte also 5 und 10Polige Steckergehäuse, passende Crimpkontakte und Flachbandkabel.
Die Readoutplatine wird mit zwei 10 Poligen, drei 5 Poligen und fünf Koaxleitungen mit den diversen Platinen im Mainframe verbunden. Die Koaxkabel in Tektronix Geräten aus dieser Zeit haben alle die sogenannten Peltola-Stecker. Eine Hausnorm von Tek. Da man diese Dinger naturgemäß sehr schwer bekommt, machte ich kurzen Prozess. Manchen wird das die Tränen in die Augen treiben, aber bei aller Begeisterung für die 7000er: Es sind für mich Arbeitsgeräte, und da scheue ich mich nicht, auch mal was umzubauen. Bin ja kein Denkmalpfleger. Ich entfernte einfach die Peltola Buchsen und lötete die Koaxleitungen direkt auf die Platine. Hässlich? Ja. Unelegant? Möglicherweise. Funktional? Definitiv.

Aber nun zur Beschreibung der Arbeiten:

Die Readoutplatine wie sie geliefert wurde




Die Platine hat ihren Platz normalerweise vorne neben der Bildröhre. Dort wird sie mit Kunststoffhaltern befestigt.

Die Readoutplatine wie sie geliefert wurde





Nun kam der Anstrengende Teil. Es mussten die Kabel konfektioniert werden. Normalerweise crimpt man die Kontakte mit der dazu passenden Zange. Das geht dann auch recht flott. Allerdings kosten die Crimpzangen gerne mal einige hundert Euro, was mir einfach zu blöd und unverschämt ist. Bereits in der Schule habe ich solche Kontakte immer mit einer kleinen Flachzange zusammengebogen und anschließend verlötet. Dauert zwar länger und ist auch nicht so schön, aber für die paar Stecker solls mir recht sein.

Das erste 10 Polige Kabel, noch ohne Steckergehäuse






Fertiger Stecker




Die Aktion dauerte nun einige Zeit. Es musste sorgfältig die Verlegung der Kabel geprüft werden. Die 7000er sind da oft sehr verwinkelt gebaut. Ich will jetzt nicht sagen, dass HP immer perfekt ist, aber ich habe mit allen HP Geräten zusammen weniger geflucht als mit dem einen Tektronix und seinen Einschüben....
Als die Flachbandkabel verlegt waren, sah das Ganze dann so aus:


Flachbandkabel verlegt






Nun waren die Koaxleitungen an der Reihe. Über diese gehen natürlich mal die X und Y Signale zur Strahlablenkung, das Z Signal zur Hell/Dunkeltastung und die X/Y sowie Z Shutdown Signale. Damit übernimmt quasi das Readout an bestimmten Zeitpunkten die Kontrolle über den Bildschirm. Wie wichtig das ist, wird sich nachher noch zeigen!

Koaxkabel fertig angelötet (Die Flachbandleitungen wurden für diese Arbeit abgezogen und die Platine in einer bequemen Arbeitsposition festgeklemmt)






Danach habe ich alles nochmal geprüft und eingeschaltet. Das Readout war mal da, aber es bewegte sich mit der Vertikalposition des jeweiligen Kanals UND mit seinem Signal mit! Da habe ich wohl noch irgendwas vergessen....
Eine kurze Kontrolle des Manuals ergab, dass man noch eine Verbindungsleitung zwischen dem Horizontalverstärker und der Vertikal-Interfaceplatine braucht. Die hab ich übersehen, weil ich nur die Leitungen zur Readoutplatine selber beachtet habe.

Mitschwingendes Readout






Also schnell einen 5 Poligen Stecker in zwei 2 Polige verwandelt und das Kabel konfektioniert. Übung hatte ich nach der stundenlangen Bastelei ja schon. Danach war alles so, wie es sein sollte. Die X und Y Position, Zeichenabstände und Y Nullpunkt des Vertikalverstärkers wurden noch etwas nachjustiert.
Somit hatte dieses wunderschöne Gerät nach knapp 39 Jahren endlich sein Readout bekommen. Eine letzte Amtshandlung war dann noch zu machen:

Der Option 1 Aufkleber...






wurde dann natürlich entfernt, damit auch formal alles seine Richtigkeit hatte ;-)











(C) 2017 Ing. Christoph Baumann, OE2BCL

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