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HP 3330B Synthesizer





Dieser Synthesizer wurde 1972 auf den Markt gebracht. Sein Frequenzbereich erstreckt sich von 0.1Hz bis 13MHz. Der erste Synthesizer bei HP war der 5100A von 1963. Eine riesige schwere Kiste voller Drucktasten. Für jede Dekade waren die Ziffern 0 bis 9 vorhanden (ausser bei der ersten, die musste bei maximal 50MHz Frequenz nur von 0 bis 5 gehen). Danach kamen die 3320A/B Synthesizer mit Stufenschaltern und danach auch gleich der 3330B, um den es hier geht.

Bekommen habe ich ihn als Defekt von einem befreundeten Funkamateur. Ich dachte mir, was soll ich mit 13MHz bloß anfangen? Aber der könnte vom Design her glatt noch bei Apollo dabei gewesen sein. Und tatsächlich, rein von der Markteinführung hat er die 17er Mission sogar noch erlebt ;-) Damit waren es am Anfang eher der Kult-Faktor und die Aussicht auf Kartenkäfige voller Platinen sowie eine interessante Reparatur, die mich dazu bewegt haben.

Bevor die Reparatur beginnen konnte, war noch ein Problem zu lösen. Mir war ganz einfach der Platz ausgegangen. Ausserdem hatte ich es satt, schwere Geräte zum Reparieren immer auf den Labortisch stellen zu müssen. Will man dann etwas entwickeln (was doch recht häufig vorkommt, wenn man sein Geld damit verdient), liegt dann so ein Kaventsmann mit 24kg Lebendgewicht und den Abmessungen eines Koffers im Weg....
Also musste ein zusätzlicher Tisch her. Und den gab es auch. Eigentlich war er als Mechanik-Werkbank gedacht und stand bei den Maschinentischen, aber in Wirklichkeit ist er dann regelmäßig zur Abstellfläche verkommen. Ich hab ihn dann einfach rechts neben den Computertisch gestellt. Somit hatte ich einen schönen U-Förmigen Arbeitsplatz, wo man Entwicklung von reparieren/herumschrauben trennen kann. Allein diese Eingebung war es schon Wert, den 3330B mitgenommen zu haben.

Nun zur Reparatur. Eine erste Bestandsaufnahme zeigte, dass die eingestellte Frequenz nicht stimmt. Und zwar nicht einfach in Form einer aus der Toleranz gelaufenen Referenz. Der Synthesizer an sich lockte nicht. Als Erstes habe ich mich natürlich mit der Arbeitsweise vertraut gemacht. Er verfügt über vier PLLs. Diese erzeugen die Frequenzen f1 bis f4. Diese vier Frequenzen werden dann mit Teilern und drei Summing-Loops aufaddiert. f4 geht über einen :100 Vorteiler in den Phasendetektor von Summing-Loop SL3. Die vom Detektor erzeugte Steuerspannung wird auf den VCO der Loop geführt und wiederum mit f3 gemischt. Das resultierende Signal kommt dann ebenfalls auf den Detektor. Somit wird zu f3 die durch 100 geteilte f4 addiert. Daher auch der name Summing-Loop. Das resultierende Ausgangssignal von SL3 geht nun ebenfalls über einen :100 Teiler zur SL2, wo es mit f2 addiert wird. Das Spiel wird noch einmal in SL1 mit f1 getrieben und anschließend wird das Signal mit den 20MHz aus der Ref-Loop heruntergemischt. Als Ausgangsfreuqenz ergibt sich:

fout = f1 + 0.01*f2 + 0.0001*f3 + 0.000001*f4 - 20


Ein gewöhnliches Multiloop-Design also. Das Ganze ist sehr schön im Handbuch und im HP Journal 07/1972 erklärt.
Aus eben jenen habe ich dann entnommen, welche Frequenzen an welchen Punkten im Gerät zu messen sein müssen, wenn man diese oder jene Ausgangsfrequenz am Panel eintippt. Im Blockschaltbild war dies für 11.1223344MHz angegeben.
Wenn man an Synthesizern misst, sollte man unbedingt alle Geräte an die gleiche Referenz hängen! Da die zwei Counter am Labortisch standen, der Synthesizer aber auf dem "neuen" Tisch, habe ich einfach den ebenfalls neu hinzugekommenen RFT Zähler (aus DDR Produktion, ebenfalls (bald) auf meiner Seite vorgestellt) hingestellt. Der kann die interne Referenz in einstellbaren Teilerfaktoren an der Frontplatte ausgeben. Beides ist mir bisher noch bei keinem anderen Zähler untergekommen.
Sollten beide Geräte nicht an der gleichen Referenz hängen, weiss man oft nicht, ob ein abweichender Messwert nur von den unterschiedlichen Zeitbasen kommt oder doch von einem Fehler.

Der erste Schritt war, die Frequenzen der vier PLLs zu prüfen. Diese waren in Ordnung. Also musste der Fehler im Bereich der Summing-Loops liegen.

Geöffneter Synthesizer. Deckel der Kartenkäfige abgenommen




Die nächste Messung ergab, dass bereits das Ausgangssignal von SL3 nicht stimmte. Da SL3 und SL2 teilweise aus identischen Karten aufgebaut sind, entschloss ich mich nach anfänglicher Messerei, einfach mal diese zu vertauschen. Mit der anderen Karte (A21 bzw A27) stimmte die Frequenz von SL3 dann. Also konnte der Fehler mal auf A21 eingegrenzt werden. Als nächstes tastete ich mich den Signalpfad auf A21 entlang. Als Vergleich hatte ich ja die A27. Bis zum Phasendetektor sah alles so aus wie es sollte, aber dahinter war bei A21 dann Schluss. Der Zustandsautomat des Detektors wurde mit einem Multiplexer und einem PROM aufgebaut. Ich dachte mir schon, normal habe ich immer Glück bei meinen Reparaturen, da wärs jetzt langsam mal an der Zeit, dass z.B. genau so ein Teil draufgegangen ist. Ein Tausch des PROMs (von der gesunden Platine) bestätigte dies. Mit ihm funktionierte auch die A21.

Der PROM hat nur 3 Adressleitungen, also 8 Bytes. Überschaubar also. Mein erster Gedanke war, den funktionierenden PROM auszulesen und damit dann einen XC9536 CPLD zu programmieren.
Auslesen war kein Problem, geht einfach auf einem Steckbrett mit umstecken, Pegel messen und Notizblock. Für die paar Byte braucht man sich keinen Leser bauen. Dann habe ich die 8 Byte in ein select Konstrukt in VHDL geschrieben. Damit wäre die Arbeit auch schon erledigt gewesen und man hätte den CPLD brennen können.
Doch leider fand die Software das JTAG Kabel nicht, was seltsam war, denn vor einigen Wochen ging es noch, und zwar mit exakt der gleichen Systemkonfiguration und Software. Laut System war alles sauber installiert. Nachforschungen förderten etliche Threads zutage, in denen dieses Problem besprochen wird. Nur wie es mit heutigen Computerproblemen meistens so ist: Seitenweise Gelaber der Art "Aus- und Einstecken", "Treiber neu installiert?" und Ähnliches, aber nie wirklich eine definitive Analyse woran es liegt und wie man es behebt. Das war, gerade in der EDV, meiner Meinung nach ein Privileg früherer Jahrzehnte, wo man für eine Programmierumgebung noch nicht 19GB zzgl. Megabyteweise Treiber gebraucht hat, bei denen im Prinzip niemand mehr genau weiss wie die ganzen übereinander gestapelten Schichten der Komplexität zusammenarbeiten. In der Zeit, die ich über die Jahre aufgewendet habe, nur um solche idiotischen Softwarefehler zu suchen, hätte ich wohl einige interessante Sachen entwickeln können. Dieses permanente Aufblasen und unnötig Komplex machen von Hard- und Software ist meiner Ansicht nach eine Entwicklung in die völlig falsche Richtung.
Diejenigen, die sich jetzt durch diese Litanei gekämpft haben, können sich glücklich schätzen, dass sie nur die "aufgeräumte" Variante hier gelesen haben und nicht die Originaltonspur von zwei Uhr morgens anhören mussten.

Ich war also extrem angefressen auf den ganzen Dreck und entschied mich für eine in Relation zum 3330B zeitgemäßere Vorgehensweise. In meinem Lager horte ich sehr viele alte Teile, die die meisten anderen vermutlich wegschmeissen würden, weil sie denken, dass sowas heute ohnehin Niemand mehr braucht. Zu diesen Teilen gehören unter anderem 74er Bausteine noch ohne Buchstaben in der Mitte, seltene Analog-IC, Mikroprozessoren und, wie es der Zufall will, eine ganze Sammlung von bipolaren PROMs. Meine Wahl fiel auf einen 82S123 mit 32 Byte.
Diese PROMs haben innen quasi eine Matrix aus Schmelzsicherungen. Diese werden beim Programmiervorgang gezielt durchgebrannt, um so das Bitmuster zu programmieren.
Für diese Dinger hatte ich aber natürlich keinen Programmer. Und genau da kommt jetzt wieder der Vorteil der einfacheren Technik von damals voll zur geltung. Man braucht dazu garkeinen Programmer! Jedenfalls nicht, wenn man so ein Einzelstück für sich selbst zum Reparieren anfertigt.
Ich habe den PROM einfach auf das Steckbrett montiert, das Bitmuster der Adresse angelegt (die oberen 2 Bit blieben auf 0) und ihm dann mittels Labornetzteil bei 17V die 1er an den jeweilgen Adressen "reingeschossen". Man legt dazu die Adresse an und gibt auf jenes Datensignal einen kurzen 17V Impuls, dessen zugehöriges Bit 1 werden soll. Fertig. Kein Treiber, kein Computer, kein Protokoll, kein USB, nur ein Mann, ein Netzteil, ein Chip.

Programmieraufbau. Die Teile rundherum waren noch von einem anderen Versuchsaufbau




Falls Jemand in der gleichen Situation sein sollte, ist hier die Tabelle mit dem ROM Inhalt. Für den Fall dass sie an derartig geringem Speicherverbrauch Anstoß nehmen, möchten heutige Anwendungsprogrammierer bitte wegschauen ;-)

Adresse [2:0]Daten[6:1]
000100000
001010000
010000110
011001001
100011010
101100101
110110010
111110001


Wichtig ist hier aber die Zuordnung der Pins! Der 82S123 ist nicht Pinkompatibel zum ursprünglichen ROM. Daher musste auch ein Adapter angefertigt werden. Die HP Entwickler begannen bei DO3 mit den Daten. D.h. die 82S123 Ausgänge O[6:1] sind auf DO[8:3] vom originalen ROM zu legen.

Baugruppe A21 Mixer/Detector mit programmiertem 82S123 und Adapterplatine




Nachdem alles doppelt und dreifach geprüft wurde, schob ich die Platine in den Slot von SL3. Diese ist, wie oben geschrieben, die erste in der Kette und muss folglich für den Test verwendet werden, andernfalls würde garnichts gehen, weil ja die nachfolgenden Summing-Loops auf die jeweils vorhergehende aufbauen. Die Freude war natürlich groß, als mit dem neuen PROM die SL3 wieder lockte.
Danach habe ich die anderen VCOs noch abgestimmt. SL2 hat dann mit der von Anfang an guten Karte nicht gelockt, was aber auf das Konto von während der Fehlersuche verstellten Trimmern ging. Das wusste ich aber. Nach kurzer Justage laut Handbuch sprang auf einmal die Anzeige vom Frequenzzähler auf den erwarteten Wert von SL2. Das Spiel wurde noch für SL1 wiederholt und als dann das ganze Hochfrequenzorchester eingerastet war, erschien auch genau die gewünschte Ausgangsfrequenz vorne an der Buchse.


Justage der Summing-Loops




Error-Signal einer Summing-Loop. Die Lücke entstand, weil im Sweep DAC noch ein Fehler versteckt ist. Das war zwar unbequem, aber nicht hinderlich für die Justage




Ein kleiner, bisher noch nicht erwähnter Fehler fand sich ganz am Anfang in der Ausgangsstufe. Das Ausgangssignal hatte nur so scharfe Pulse nach unten. Der erfahrene Reparierer denkt dabei sofort an eine halbseitig geschossene Verstärkerstufe. Genau so war es auch, und zwar in Form eines kurzgeschlossenen Elkos in der Versorgung. Nach dem Tausch war das Signal wieder ein sauberer Sinus. Nachdem der ganze Generator wieder lief, wurde auch der Oberwellenabstand gemessen. Der befand sich über den gesamten Frequenzbereich sauber in der Spezifikation.

Ausgangsstufe mit getauschtem Elko




Stufenabschwächer auf der Ausgangsbaugruppe




Nachdem also die Fehler (bis auf den im Sweep DAC, aber der kommt später) behoben waren, bekam die Front noch eine Reinigung spendiert. Dazu habe ich das Bedienfeld und die zwei Teile links und rechts davon abgebaut und zerlegt. Die Tastkappen wurden abgezogen und in Seifenwasser gereinigt, die Frontplatte ebenfalls. Dabei war eine der Tastkappen allerdings früher mal abgebrochen und mit Kleber fixiert worden. Das bemerkte ich natürlich erst, als es "knack" machte, ich sie in der Hand hielt und auf die gebrochene Klebestelle schaute... Aber gut, soll einem nichts schlimmeres passieren. Das wurde nachher mit einem Tropfen Epoxy behoben.

Zerlegte Front. Die Platine mit den Schiebeschaltern ist auf dem Bild nicht zu sehen




Abgezogene Tastkappen. Die mit dem roten Zeug drauf ist die geklebte




Das Bedienfeld kann entriegelt und nach oben in mehreren Stufen hochgeklappt und verriegelt werden. Der Mechanismus war natürlich schwergängig und hatte Spiel. Ich habe alles zerlegt, das alte Fett entfernt und dann mit Nye 750A neu geschmiert. Das 750er ist für sowas normalerweise viel zu schade, aber ich brauche es eigentlich nur für meine mechanischen Kameras und andere Feinmechanik. Jedoch dauert es quasi ewig bis man eine Tube davon aufbraucht, also verwende ich es manchmal auch für solche banalen Anwendungen. Als ich fertig war, sprang das Teil wieder mit einem "klack" auf wie eine Motorhaube. So soll es sein.

(C) 2017 Ing. Christoph Baumann, OE2BCL

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